Unklarheiten im Gesetz
Grauzonen und Fallstricke: Unklarheiten bei der CO₂-Kostenabrechnung
Das Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz (CO2KostAufG) ist seit Anfang 2023 in Kraft und soll für eine faire Verteilung der CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern sorgen. Doch wie bei vielen neuen Gesetzen gibt es auch hier einige Unklarheiten und Graubereiche, die in der Praxis für Verwirrung sorgen können. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Unklarheiten beim CO2KostAufG und beschreiben wie wir bei CO2Preisrechner damit umgehen.
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1. Die Abrechnungsfrist bei Heizöl und anderen lagerfähigen Brennstoffen
Das Problem:
Das Gesetz sieht in § 6 Absatz 2 vor, dass Mieter, die sich selbst mit Wärme versorgen, ihren Erstattungsanspruch innerhalb von 12 Monaten (ursprünglich waren es sogar nur 6 Monate) ab dem Zeitpunkt geltend machen müssen, in dem der Lieferant die Lieferung abgerechnet hat. Bei Heizöl, das oft auf Vorrat gekauft und über mehrere Monate oder sogar Jahre verbraucht wird, führt dies zu einem praktischen Problem:
Wenn du als Mieter beispielsweise im Januar 2023 Öl für die gesamte Heizperiode kaufst und dieses bis Dezember 2023 verbrauchst, müsstest du theoretisch bereits im Januar 2024 (12 Monate nach Rechnungsdatum) deinen Erstattungsanspruch geltend machen – obwohl die übliche Heizkostenabrechnung den Zeitraum eines ganzen Jahres umfasst.
Unser Lösungsvorschlag:
- Praktische Auslegung der Frist: Interpretiere die Frist als beginnend mit dem Ende des Abrechnungszeitraums, für den du die Erstattung verlangst. Das entspricht zwar nicht dem genauen Wortlaut des Gesetzes, wäre aber eine praxisnahe Lösung.
- Vorläufige Abrechnung: Stelle kurz vor Ablauf der 12-Monatsfrist eine vorläufige Abrechnung für den bis dahin verbrauchten Anteil des Heizöls auf und reiche diese beim Vermieter ein. Nach Ende des Abrechnungszeitraums kannst du dann eine endgültige Abrechnung nachreichen.
- Dokumentation des Verbrauchs: Führe genau Buch über deinen Ölverbrauch, z.B. durch regelmäßige Ablesung des Füllstands. So kannst du auch später noch nachweisen, welcher Anteil einer älteren Lieferung im aktuellen Abrechnungszeitraum verbraucht wurde.
2. Die Berechnung des CO₂-Ausstoßes bei gemischten Energieträgern
Das Problem:
Viele Gebäude werden mit einer Kombination verschiedener Energieträger beheizt – etwa einer Gasheizung mit Solarthermie-Unterstützung oder einer Ölheizung mit Holzkamin als Zusatzheizung. Das Gesetz gibt keine klaren Vorgaben, wie der spezifische CO₂-Ausstoß in solchen Fällen zu berechnen ist.
Unser Lösungsvorschlag:
- Gesamtemissionsansatz: Addiere alle CO₂-Emissionen der verschiedenen fossilen Brennstoffe und teile sie durch die Gesamtwohnfläche. Erneuerbare Energien ohne CO₂-Ausstoß (wie Solar oder Biomasse) fließen mit 0 kg CO₂ in die Berechnung ein.
- Gewichtete Berechnung: Bei genau bekannten Anteilen der verschiedenen Energieträger an der Gesamtwärmeversorgung kann eine gewichtete Berechnung erfolgen:
Spezifischer CO₂-Ausstoß = (CO₂ aus Brennstoff A + CO₂ aus Brennstoff B) / Wohnfläche
- Dokumentation der Methodik: Egal welche Methode du verwendest, dokumentiere sie transparent in der Abrechnung, um Streitigkeiten zu vermeiden.
3. Unklare Definition "wesentlicher" energetischer Verbesserungen
Das Problem:
§ 9 des CO2KostAufG sieht vor, dass der Vermieteranteil reduziert werden kann, wenn öffentlich-rechtliche Vorgaben einer "wesentlichen" energetischen Verbesserung entgegenstehen. Was genau unter einer "wesentlichen" Verbesserung zu verstehen ist, bleibt jedoch unklar.
Unser Lösungsvorschlag:
- Orientierung an Energieeinsparverordnung: Als Vermieter kannst du dich an der Energieeinsparverordnung orientieren, die konkrete Anforderungen an energetische Sanierungen stellt. Eine Maßnahme, die eine Verbesserung um mindestens eine Energieeffizienzklasse bewirken würde, könnte als "wesentlich" gelten.
- Gutachterliche Stellungnahme:Lass dir von einem Energieberater bestätigen, welche Einsparungen durch die verhinderte Maßnahme theoretisch möglich wären. Ab einer Einsparung von z.B. 20% der Heizenergie könnte man von einer "wesentlichen" Verbesserung sprechen.
- Klare Dokumentation der Beschränkungen: Sammle als Vermieter konkrete Nachweise für die Beschränkungen (Denkmalschutzauflagen, Ablehnungsbescheide etc.) und bereite diese transparent auf.
4. Behandlung von Leerständen bei der Flächenberechnung
Das Problem:
Bei der Berechnung des spezifischen CO₂-Ausstoßes ist die Gesamtwohnfläche des Gebäudes relevant. Unklar ist, wie mit leerstehenden Wohnungen oder gewerblich genutzten Flächen im selben Gebäude umzugehen ist.
Unser Lösungsvorschlag:
- Gesamtflächen-Prinzip: Berücksichtige grundsätzlich die gesamte beheizte Fläche des Gebäudes, unabhängig von Leerständen. Dies entspricht am ehesten dem Gesetzeszweck, da der energetische Zustand des Gesamtgebäudes bewertet werden soll.
- Anpassung bei längeren Leerständen: Bei länger leerstehenden Einheiten, die nachweislich nicht oder deutlich weniger beheizt wurden, könnte eine anteilige Flächenreduktion erwogen werden – allerdings mit dem Risiko rechtlicher Unsicherheit.
- Separate Erfassung gemischt genutzter Gebäude: In Gebäuden mit Wohn- und Gewerbeflächen sollte idealerweise eine getrennte Erfassung des Verbrauchs erfolgen, um eine korrekte Zuordnung zu ermöglichen.
5. Umgang mit unterjährigen Mieterwechseln
Das Problem:
Bei einem Mieterwechsel während des Abrechnungszeitraums stellt sich die Frage, wie die CO₂-Kosten zeitanteilig zuzuordnen sind und wie der spezifische CO₂-Ausstoß in solchen Fällen zu berechnen ist.
Unser Lösungsvorschlag:
- Zeitanteilige Zuordnung: Die auf den Mieter entfallenden CO₂-Kosten sollten zeitanteilig entsprechend der Mietdauer im Abrechnungszeitraum zugeordnet werden. Der spezifische CO₂-Ausstoß des Gebäudes bleibt dabei unverändert.
- Verbrauchsabhängige Zuordnung: Bei sehr unterschiedlichem Verbrauchsverhalten der Mieter kann alternativ eine verbrauchsabhängige Zuordnung erfolgen, sofern entsprechende Zwischenablesungen vorliegen.
- Transparente Darstellung: In der Abrechnung sollte klar ersichtlich sein, wie die CO₂-Kosten bei einem Mieterwechsel aufgeteilt wurden, um Nachfragen und Streitigkeiten zu vermeiden.
6. Behandlung von Gärtnerwohnungen und Hausmeisterwohnungen
Das Problem:
In manchen Gebäuden gibt es Wohnungen, die von Hausmeistern oder Gärtnern bewohnt werden und deren Heizkosten traditionell Teil der Betriebskosten sind. Das CO2KostAufG adressiert diesen Sonderfall nicht explizit.
Unser Lösungsvorschlag:
- Integration in die Gebäudegesamtrechnung: Gärtner- und Hausmeisterwohnungen sollten in die Gesamtberechnung des spezifischen CO₂-Ausstoßes einbezogen werden, da sie Teil des Gebäudes sind.
- Vermieteranteil als Betriebskosten: Der auf den Vermieter entfallende Anteil der CO₂-Kosten für diese Wohnungen sollte als nicht umlagefähige Betriebskosten behandelt werden.
- Vertragliche Regelung prüfen: Überprüfe die arbeitsvertraglichen Regelungen, ob die Übernahme von Heizkosten Teil der Vergütung ist und wie mit den CO₂-Kosten umzugehen ist.
7. Umgang mit biogenen Anteilen in Brennstoffen
Das Problem:
Bei Brennstoffen mit biogenen Anteilen (z.B. Beimischung von Biomethan zum Erdgas) ist unklar, wie diese bei der Berechnung des CO₂-Ausstoßes zu berücksichtigen sind.
Unser Lösungsvorschlag:
- Orientierung an den Brennstoffrechnungen: Da die Brennstofflieferanten den CO₂-Ausstoß unter Berücksichtigung biogener Anteile berechnen müssen, sollten diese Werte direkt übernommen werden.
- Nachweis der Bioanteile: Achte als Vermieter darauf, dass der Biomethananteil oder andere biogene Anteile auf der Rechnung ausgewiesen und entsprechend bei der CO₂-Berechnung berücksichtigt werden.
- Transparente Darstellung: Weise in der Heizkostenabrechnung klar aus, dass und in welchem Umfang biogene Anteile berücksichtigt wurden.
8. Abweichender Abrechnungszeitraum bei selbstversorgenden Mietern
Das Problem:
Wenn Mieter selbst einen Vertrag mit dem Energieversorger schließen und die CO₂-Kostenabrechnung erstellen (bspw. bei einer Gasetagenheizung oder bei einer Ölheizung im Einfamilienhaus), können der Abrechnungszeitraum der CO₂-Kostenabrechnung und der Abrechnungszeitraum der Nebenkostenabrechnung des Vermieters auseinanderfallen.
Unser Lösungsvorschlag:
- Keine Pflicht zur Synchronisierung: Es besteht keine gesetzliche Pflicht, die Abrechnungszeiträume der CO₂-Kostenabrechnung an die Betriebskostenabrechnung anzupassen bzw. zu synchronisieren.
- Möglichkeit der Synchronisierung: Als Mieter kannst du die Abrechnung auch mit einem kombinierten PDF aus zwei Rechnungen des Energieversorgers erstellen. Wähle bei der Erfassung nur die Verbräuche aus, die in den Zeitraum der Nebenkostenabrechnung fallen. Wenn du diese Möglichkeit nutzt, beachte, dass die Abrechnungsfrist 12 Monate ab dem Rechnungsdatum der Rechnung des Energieversorgers beträgt. Wenn du die Abrechnungszeiträume synchronisierst, kann es passieren, dass die Abrechnungsfrist für die erste Rechnung bereits abgelaufen ist, wenn Du die zweite Abrechnung erstellst.
- Transparente Darstellung: Wenn eine Synchronisierung der Abrechnungszeiträume nicht erfolgt ist, sollte diese in der CO₂-Kostenabrechnung dargestellt werden. Es sollte eindeutig erkennbar sein, für welchen Zeitraum die Abrechnung gilt.
9. Fazit: Pragmatismus und Transparenz als Leitlinien
Das CO2KostAufG enthält, wie viele neue Gesetze, einige Unklarheiten und Lücken, die erst durch Rechtsprechung und möglicherweise Gesetzesanpassungen geschlossen werden können. Bis dahin empfehlen wir dir als pragmatische Herangehensweise:
- Dokumentiere deine Berechnungsmethode bzw. deine Eingabewerte: Egal ob du Mieter oder Vermieter bist, dokumentiere transparent, wie du zu deinen Berechnungen gekommen bist.
- Suche den Dialog: Viele Unklarheiten lassen sich durch offene Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter pragmatisch lösen.
- Behalte die Verhältnismäßigkeit im Blick: Die CO₂-Kosten machen in der Regel nur einen kleinen Teil der Heizkosten aus. Eine pragmatische Lösung ist oft besser als ein langwieriger Rechtsstreit.
- Bleibe informiert: Die Rechtslage wird sich durch Gerichtsentscheidungen und Gesetzesanpassungen weiterentwickeln. Informiere dich regelmäßig über den aktuellen Stand.
Mit diesen Grundsätzen lässt sich auch mit den bestehenden Unklarheiten eine in der Praxis handhabbare Umsetzung des CO2KostAufG erreichen – bis der Gesetzgeber oder die Gerichte für mehr Klarheit sorgen.