Gründe und Vorteile der Kostenaufteilung
CO₂-Kostenaufteilung zwischen Mietern und Vermietern: Gründe und Vorteile des neuen Gesetzes
Die Klimakrise stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar. Um den Klimawandel einzudämmen, hat Deutschland ambitionierte Klimaschutzziele festgelegt und verschiedene Maßnahmen eingeleitet, darunter die CO₂-Bepreisung für fossile Brennstoffe.Ein wichtiger Baustein ist das 2022 verabschiedete "Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz"(CO2KostAufG), das seit Januar 2023 in Kraft ist.Doch warum war dieses Gesetz notwendig, und welche Vorteile bringt es mit sich ? Ein genauerer Blick lohnt sich.
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1. Das Dilemma im Mietsektor – Warum ein neues Gesetz notwendig war
Das Mieter-Vermieter-Dilemma
Der Gebäudesektor in Deutschland ist für etwa 40 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ein Großteil der Deutschen lebt zur Miete – rund 55 Prozent der Haushalte. Hier liegt eine klassische Dilemma-Situation vor, die Ökonomen als "Split-Incentive-Problem" bezeichnen:
Vor Einführung des CO2KostAufG konnten Vermieter sämtliche Heizkosten – einschließlich der seit 2021 anfallenden CO₂-Abgabe – vollständig auf ihre Mieter umlegen. Damit hatte der Vermieter kaum wirtschaftliche Anreize, in energetische Sanierungen oder klimafreundlichere Heizsysteme zu investieren. Die Kosten dafür trägt der Vermieter, während die Einsparungen hauptsächlich dem Mieter zugutekommen.
Andererseits hat der Mieter zwar ein Interesse an niedrigen Heizkosten, aber meist keinen Einfluss auf den energetischen Zustand des Gebäudes oder die Art der Heizanlage. Er kann lediglich durch sein Verhalten den Energieverbrauch beeinflussen, etwa durch bewusstes Heizen und Lüften – was aber bei einem schlecht gedämmten Gebäude oder einer ineffizienten Heizung nur begrenzt wirksam ist.
Der CO₂-Preis als Steuerungsinstrument
Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wurde 2021 ein nationaler CO₂-Preis für die Sektoren Wärme und Verkehr eingeführt. Dieser betrug anfänglich 25 Euro pro Tonne CO₂ und steigt schrittweise auf 55-65 Euro pro Tonne im Jahr 2026.
Dieses Preissignal soll Anreize schaffen, klimaschädliche Brennstoffe zu reduzieren und auf klimafreundlichere Alternativen umzusteigen. Doch im Mietsektor kam dieses Preissignal zunächst nicht dort an, wo Entscheidungen über Heizungstechnologie und Gebäudedämmung getroffen werden – nämlich beim Vermieter.
Hier setzte das CO2KostAufG an: Es sollte das Preissignal des CO₂-Preises auch an die Vermieter weitergeben und so Anreize für Investitionen in klimafreundlichere Gebäude schaffen.
2. Die Lösung: Das Stufenmodell des neuen CO2KostAufG
Das Herzstück des Gesetzes ist ein Stufenmodell, das die Aufteilung der CO₂-Kosten zwischen Mieter und Vermieter nach der energetischen Qualität des Gebäudes regelt. Je schlechter die energetische Qualität des Gebäudes, desto höher der Anteil des Vermieters an den CO₂-Kosten.
Die Einstufung erfolgt anhand des CO₂-Ausstoßes des Gebäudes pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr:
- Bei sehr effizienten Gebäuden (<12 kg CO2/m²/a) trägt der Mieter 100% der CO₂-Kosten
- Bei sehr ineffizienten Gebäuden (≥52 kg CO2/m²/a) trägt der Vermieter 95% der CO₂-Kosten
- Dazwischen gibt es acht weitere Stufen mit abgestuften Anteilen
Für Nichtwohngebäude gilt zunächst eine hälftige Teilung, bis auch hier ein Stufenmodell entwickelt wird.
3. Die Vorteile des CO2KostAufG
1. Doppelte Anreizwirkung für Klimaschutz
Der größte Vorteil des Gesetzes liegt in seiner doppelten Anreizwirkung:
- Für Vermieter: Das Gesetz schafft erstmals einen wirtschaftlichen Anreiz für Gebäudeeigentümer, in energetische Sanierungen und klimafreundlichere Heizsysteme zu investieren. Je besser das Gebäude energetisch dasteht, desto geringer ist der Vermieteranteil an den CO₂-Kosten.
- Für Mieter: Gleichzeitig bleibt ein Teil der CO₂-Kosten bei den Mietern, was weiterhin zu energiesparendem Verhalten motiviert. Auch in energetisch guten Gebäuden können Mieter durch ihr Verhalten Energie einsparen.
Diese doppelte Anreizwirkung adressiert genau das zuvor beschriebene Split-Incentive-Problem und erhöht die Wirksamkeit des CO₂-Preises im Gebäudesektor erheblich.
2. Soziale Gerechtigkeit durch faire Kostenverteilung
Das Stufenmodell verteilt die Kosten zwischen Mietern und Vermietern entsprechend ihrer Einflussmöglichkeiten auf den CO₂-Ausstoß:
- Vermieter haben Einfluss auf den energetischen Zustand des Gebäudes und die Heizungstechnologie
- Mieter können durch ihr Verhalten den Energieverbrauch beeinflussen
Diese Aufteilung ist deutlich gerechter als die vorherige vollständige Kostenüberwälzung auf die Mieter. Besonders Mieter in energetisch schlechten Gebäuden – die oft auch einkommensschwächere Haushalte sind – werden entlastet. Dies stärkt die gesellschaftliche Akzeptanz der CO₂-Bepreisung und des Klimaschutzes insgesamt.
3. Transparenz durch Informationspflichten
Ein weiterer wichtiger Vorteil: Das Gesetz schafft mehr Transparenz im Wärmemarkt. Brennstofflieferanten müssen auf ihren Rechnungen den CO₂-Ausstoß und die daraus resultierenden Kosten ausweisen. Vermieter müssen in der Heizkostenabrechnung die Einstufung des Gebäudes und die CO₂-Kosten transparent darlegen.
Diese Transparenz erhöht das Bewusstsein aller Beteiligten für die Klimaauswirkungen der Gebäudeheizung und kann zusätzlich zu Verhaltensänderungen motivieren. Gleichzeitig werden Daten generiert, die eine bessere Steuerung der Klimapolitik im Gebäudesektor ermöglichen.
4. Flexibilität durch Ausnahmen und Übergangsregelungen
Das Gesetz berücksichtigt auch Situationen, in denen Vermieter nur begrenzten Einfluss auf den energetischen Zustand des Gebäudes haben, etwa bei denkmalgeschützten Gebäuden oder bei einem Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme. Hier sind Ausnahmen vorgesehen, die den Vermieteranteil reduzieren oder aufheben.
Diese Flexibilität trägt dazu bei, dass das Gesetz praxistauglich ist und keine unzumutbaren Belastungen entstehen. Gleichzeitig bleiben die Anreize für Effizienzmaßnahmen dort bestehen, wo sie umsetzbar sind.
5. Langfristige Wirkungen auf den Immobilienmarkt
Auf längere Sicht könnte das CO2KostAufG auch den Immobilienmarkt verändern. Die energetische Qualität eines Gebäudes wird zunehmend zu einem wirtschaftlichen Faktor für Vermieter. Dies könnte dazu führen, dass:
- Energieeffizienz bei Neubauten und Sanierungen einen höheren Stellenwert erhält
- Der Wert energetisch hochwertiger Immobilien steigt
- Mieter verstärkt auf die energetische Qualität achten, wenn sie eine Wohnung suchen
- Finanzierungsinstitute die energetische Qualität stärker in ihre Kreditbewertung einbeziehen
Diese langfristigen Markteffekte könnten die Transformation des Gebäudesektors zusätzlich beschleunigen.
4. Ausblick und Herausforderungen
Das CO2KostAufG ist ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor. Es adressiert gezielt das Split-Incentive-Problem und erhöht die Wirksamkeit des CO₂-Preises. Dennoch gibt es auch Herausforderungen:
- Die Berechnung der CO₂-Emissionen basiert aktuell auf dem tatsächlichen Verbrauch. Hier könnte eine Umstellung auf Bedarfsausweise (wie vom Bundesrat angeregt) die Anreizwirkung noch verstärken.
- Für Nichtwohngebäude muss noch ein adäquates Stufenmodell entwickelt werden, was aufgrund der heterogenen Gebäudestruktur komplex ist.
- Die Integration von Gebäuden, die mit Wärme aus dem EU-Emissionshandelssystem versorgt werden, steht noch aus.
Das Gesetz soll bis September 2026 evaluiert werden. Dabei wird auch geprüft, ob ein Umstieg auf ein System möglich ist, das an Energieeffizienzklassen anknüpft, wie im Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgesehen.
5. Fazit: Ein sinnvoller Baustein der Klimapolitik
Das CO2KostAufG ist ein durchdachter Baustein der deutschen Klimapolitik, der gezielt eine Lücke in der Anreizstruktur des CO₂-Preises schließt. Es verteilt die Kosten der Klimapolitik gerechter, schafft wirksame Anreize für Vermieter und Mieter und trägt so dazu bei, die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen.
Durch die faire Kostenverteilung zwischen Vermietern und Mietern werden die Lasten des Klimaschutzes entsprechend der Verantwortung und der Handlungsmöglichkeiten der Beteiligten verteilt. Dies erhöht nicht nur die Wirksamkeit des CO₂-Preises, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Klimapolitik insgesamt.
Die kommenden Jahre werden zeigen, wie stark die Lenkungswirkung des Gesetzes tatsächlich ist und ob weitere Anpassungen notwendig sind. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist es in jedem Fall.